Peiner Allgemeine, 15. September 2011 von Herbert Baller
Jürgen Kumlehn sprach im Antikriegshaus
Die Dokumentationsstätte zu Kriegsgeschehen und über Friedensarbeit Sievershausen hatte aus besonderem Anlass den "Erinnerer" Jürgen Kumlehn eingeladen. Zum einen sollte an den Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen 1939 erinnert werden und zum anderen an den 81. Geburtstag von Klaus Rauterberg, den Gründer des Antikriegshauses, der 2006 gestorben ist.
Jürgen Kumlehn aus Watenstedt bei Braunschweig hatte schon sehr früh über den Christlichen Friedensdienst Kontakt zu Klaus Rauterberg gefunden. Die Verbindung hielt auch nach Rauterbergs Versetzung von Watenstedt nach Sievershausen. Der gelernte Elektriker Kumlehn war mehr als 30 Jahre lang Leiter einer evangelischen Stiftung für Behinderte in BRaunschweig.
Die nationalsozialistische Vergangenheit ist schon während der Jugendzeit zu seinem Lebensthema geworden. Für sein Erstlingswerk "Jüdische Familien in Wolfenbüttel" habe er mehr als 15 Jahre lang recherchiert. Wolfenbüttel hatte vor dem Krieg etwa 18000 Einwohner, davon waren rund 250 jüdischen Glaubens. Heute befinde sich noch eine Familie dort, die restlichen seien in alle Welt verstreut, sagte Kumlehn.
Bei mehr als 70 Familien hat er Nachforschungen angestellt, um die persönlichen 'Schicksale jüdischer Wolfenbüttler im Dritten Reich bekannt zu machen. Einige Beispiele trug er den etwa 40 Besuchern im Antikriegshaus vor - etwa das des einfachen Bürgers Kim Berger oder jenes der heute in New York lebenden 94jährigen Lotte Schloß, geborene Strauß.
Langsam würde nun auch in Wolfenbüttel ein Umdenken stattfinden. Angeregt von Schülern wurden Gedenksteine enthült. "Nach der Opfererinnerung ist es nun an der Zeit, sich auch einmal mit den Tätern zu befassen", sagte der Privatforscher Kumlehn. Über die Täter sei fast gar nichts bekannt.
» Das Buch "Jüdische Familien in Wolfenbüttel" ist für 19,80 Euro im Buchhandel erhältlich.