Mehr als 250 Organisationen fordern von Bundesregierung Aufnahme gefährdeter Menschen aus Afghanistan

„Tun Sie jetzt alles in Ihrer macht Stehende, um die Afghaninnen und Afghanen mit Aufnahmezusage bis Jahresende nach Deutschland zu holen“, heißt es in dem Offenen Brief, der namentlich an die Bundesminister Alexander Dobrindt und Johann Wadephul gerichtet ist.

Noch immer warten rund 1.800 afghanische Menschen darauf, nach Deutschland in Sicherheit zu kommen. Über 70 Prozent von ihnen sind Frauen und Kinder. Die pakistanische Regierung droht ihnen mit der Abschiebung nach Afghanistan, wenn sie nicht bis Ende Dezember das Land verlassen haben. „Die Zeit drängt. Es zählt buchstäblich jeder Tag“, heißt es in dem Offenen Brief.

In Afghanistan sind die Menschen Verfolgung, Misshandlungen, Gefängnis und sogar dem Tod durch die Taliban ausgesetzt. Der Grund: Sie haben sich über Jahre hinweg für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Frauen- und Kinderrechte eingesetzt: für universelle Werte also – auch im Interesse Deutschlands. Darunter sind ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr und der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und Mitarbeitende von Hilfsorganisationen ebenso wie Journalist*innen, Richter*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen, Angehörige der LSBTIQ+ Community sowie Kulturschaffende.

„Hier ist die Bundesregierung gefordert, Menschen zu helfen und Menschlichkeit zu zeigen“, betont dazu Jan Gildemeister, der Geschäftsführer der AGDF. Und die Bundesregierung müsse auch zu ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen stehen, fügt er hinzu.

Die mehr als 250 bundes-, landesweiten und lokalen Organisationen appellieren kurz vor Weihnachten nicht nur an Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe, sondern weisen Deutschland vor allem deutlich auf die Verantwortung hin, die es für diese Menschen trägt: „Die menschenrechtlichen Verpflichtungen unseres Landes dürfen kein Lippenbekenntnis sein – das schulden wir jenen, die für Deutschland gearbeitet oder die sich auf uns verlassen haben. Vertrauen ist unsere stärkste Währung. Wer Vertrauen verspielt, handelt gegen Deutschlands Interessen.“

Um die Menschen vor Tod und Verfolgung zu schützen, brauchen sie, heißt es in dem Appell weiter:

1. Sofortige Evakuierungen: Für alle Menschen mit Aufnahmezusage ist die sofortige, unbürokratische Ausreise vor Jahresende einzuleiten.

2. Einen schnellen Abschluss der Verfahren ohne weitere Verzögerung: Die Sicherheitsüberprüfungen und Visaverfahren müssen schnellstmöglich für alle Aufnahmeprogramme – inklusive Menschenrechtsliste und Überbrückungsprogramm – abgeschlossen werden.

3. Sicherheit vor Abschiebungen nach Afghanistan: Die Bundesregierung muss im Gespräch mit der pakistanischen Regierung alle Möglichkeiten nutzen, um weitere Abschiebungen der Betroffenen nach Afghanistan zu verhindern und eine sichere Unterbringung bis zum Abschluss der Verfahren zu gewährleisten.

Den Wortlaut des offenen Briefes, den unter anderem Kabul Luftbrücke, PRO ASYL, Terre des Hommes, Amnesty International, Der Paritätische Gesamtverband, Human Rights Watch und Brot für die Welt unterschrieben haben, finden Sie im Anhang.

Hintergrund:

Derzeit befinden sich in Pakistan rund 1.800 afghanische Staatsangehörige, die eine Aufnahmezusagen aus den vier verschiedenen deutschen Aufnahmeprogrammen haben – Bundesaufnahmeprogramm (§ 23 Absatz 2 AufenthG), Ortskräfteverfahren (§ 22 Satz 2 AufenthG), Menschenrechtsliste (§ 22 Satz 2 AufenthG) und Überbrückungsprogramm (§ 22 Satz 2 AufenthG). Circa 250 von ihnen wurden im August 2025 bereits nach Afghanistan abgeschoben und warten in einem Safehouse auf die Fortsetzung ihrer Verfahren. Während die Bundesregierung angekündigt hat, die Verfahren für Personen im Bundesaufnahmeprogramm und im Ortskräfteverfahren weiterzuführen, sind die Verfahren der Menschenrechtsliste und im Überbrückungsprogramm weiterhin ausgesetzt.

 

 

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AGDF: Neues Buch sucht nach Wegen zum Frieden in konfliktreichen Zeiten

Bonn/Woltersburger Mühle, 12. November 2025/dj


Krieg gilt wieder als ein legitimes Mittel der Politik. Derzeit ist ein Vertrauen in militärische Sicherheit, auch in den Kirchen, zu erleben. Diesem Sog etwas entgegensetzen will das neue Buch „Frieden suchen in konfliktreichen Zeiten“, das die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) und die Woltersburger Mühle nun herausgegeben haben. „Es soll gezeigt werden, dass sich die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts militärisch nicht nachhaltig lösen lassen“, so der AGDF-Vorsitzende und frühere badische Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh.
„Die Hoffnung auf den Frieden ist angefochten in konflikt- und kriegsreichen Zeiten. Die militärische Gewalt hat in den letzten Jahren stark zugenommen, so dass sich die Zahlen der getöteten Frauen und Kinder vervielfacht haben. Bedrohungsszenarien werden entworfen, Angst, Unsicherheit und Ratlosigkeit greifen um sich“, unterstreicht der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Friedrich Kramer, in seinem Geleitwort.
Es sind mehrere renommierte Autorinnen und Autoren, die sich in diesem Buch auf die Suche nach Antworten auf Fragen begeben, die aktuell die Gesellschaft bedrängen. Wie können Kriege verhindert werden? Was schafft Sicherheit? Welchen Beitrag zum Frieden können Menschen in Militär oder in freiwilligen Friedensdiensten leisten? Und welche Rolle kann hier die Kirche spielen?
Zu den Autorinnen und Autoren gehören die Theologin Klara Butting, der frühere EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms, die Politologin Martina Fischer, der AGDF-Geschäftsführer Jan Gildemeister, Simon Bödeker von Ohne Rüstung leben, Thorsten Gromes vom PRIF-Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung, der AGDF-Vorsitzende Jochen Cornelius-Bundschuh, Elvin Hülser vom Antikriegshaus im Friedens- und Nagelkreuzzentrum Sievershausen, Charlotte Kehne von der GKKE-Fachgruppe „Rüstungsexporte“, Rainer Keil von der Universität Heidelberg, Michael Kettelhoit von der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK), die Theologin Nicole Kunkel von der Humboldt-Universität zu Berlin und Wolfram Stierle vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
„Frieden zielt auf Verständigung und Versöhnung. Er beginnt mit der eigenen Hoffnung, im eigenen Denken und Handeln. Dazu ermutigt dieses Buch. Zugleich braucht die Suche nach dem richtigen Weg zu mehr Gerechtigkeit und Frieden einen konstruktiven, auch kontroversen Diskurs auf Faktenbasis. Auch mit denen, die anderer Meinung sind. In solchen friedensethischen und friedenspolitischen Debatten kann dieses Buch eine Hilfe sein“, ist Jochen Cornelius-Bundschuh überzeugt. „Wir sind aufgefordert, unsere Füße täglich bereit für das Evangelium des Friedens zu machen, also mit unseren Füßen auf dem Weg des Friedens zu gehen“, unterstreicht auch Landesbischof Friedrich Kramer. Und der EKD-Friedensbeauftragte macht deutlich: „Es braucht gerade in unseren Zeiten Menschen, die die Friedensbereitschaft groß schreiben und auf dem Weg des Friedens bleiben. Dieses Buch ist ein Beitrag dazu.“


Kontakt:
Jan Gildemeister, Tel. 0228/24 999-13

Das Buch erscheint am 14. November im Verlag Erev-Rav und ist bei der Woltersburger Mühle und im Buchhandel erhältlich. Im Buchhandel kostet das Buch 15 Euro, bei der Woltersburger Mühle 10 Euro zzgl. Versandkosten. Es kann bereits im Shop der Woltersburger Mühle vorbestellt werden:
https://www.woltersburger-muehle.de/product-page/frieden-suchen-in-konfliktreichen-zeiten
Informationen und Bestellung unter: www.woltersburger-muehle.de, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

 

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Dagmar Pruin: Von Leidenschaft und Nüchternheit geprägt lässt sich die Zukunft der Friedensarbeit gestalten

Auch in Zeiten der Bedrängnis Offenheit und Freundschaft einüben, klar machen, wann Kompromisse nötig sind und wann keine gemacht werden können und ernsthafte Diskurse ermöglichen, das ist nach Ansicht von Dr. Dagmar Pruin von grundlegender Bedeutung für eine offene Gesellschaft. Dies betonte die Präsidentin von Brot für die Welt bei einer Feier in Hamburg für Jan Gildemeister, der seit 25 Jahren Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) ist. „Und angesichts der Zunahme von Konflikten und Kriegen ist die Freundschaft als Gegengewicht mit Nüchternheit und Leidenschaft umso wichtiger“, so Dagmar Pruin.

Hamburg sei eine Stadt der Denker, dazu gehöre auch Gotthold Ephraim Lessing, der heute wieder an Aktualität gewinne, meinte die Präsidentin von Brot für die Welt. „Lessing fasziniert damit, mit Leidenschaft und Nüchternheit Vernunft und Religion in ein spannungsvolles Verhältnis zu setzen sowie Leidenschaft und Nüchternheit in Beziehung zu setzen“, so Dagmar Pruin. Das Religion und Vernunft überhaupt zusammen gedacht werden können, diese Erkenntnis sei ihrer Wahrnehmung nach in Gesellschaft und Politik überhaupt keine Selbstverständlichkeit. Und dass christliche Religion eine Ressource für Frieden und Zukunft sein kann, werden wir in der politischen Arbeit immer stärker erklären müssen“, mahnte sie.

Doch von Leidenschaft und Nüchternheit geprägt, so wie bei Jan Gildemeister, lasse sich die Zukunft der Friedensarbeit gestalten, zeigte sich die Präsidentin von Brot für die Welt überzeugt. Sie erinnerte dabei an Hannah Arendt, die in Hamburg 1959 den Lessing-Preis der Hansestadt erhielt und in ihrer Rede die Menschlichkeit in finsteren Zeiten betonte und dabei die politische Freundschaft als Grundlage der Menschlichkeit beschrieb. „Freundschaft basiert nicht auf übereinstimmenden Ansichten, sondern in der gemeinsamen Vision trotz des Anderssein, ohne die andere Person zu vereinnahmen. Freundschaft bietet einen Schutzraum des Austauschs und der Menschlichkeit“, so Dagmar Pruin.

Die AGDF habe seit Jahrzehnten eine solide Basis in der zivilen Konfliktbearbeitung. Die Präsidentin von Brot für die Welt bedauerte aber, dass die Botschaft des zivilen Friedensdienstes mehr und mehr verloren gehe. „Und diese Botschaft sagt, dass nicht erst Frieden werden muss, sondern dass auch im Krieg für den Frieden gearbeitet werden kann. Das muss wieder bewusst werden“, forderte sie nachdrücklich. Doch derzeit werde der Diskurs in Deutschland national verengt, dabei darf die Internationalität nicht aus dem Blick geraten. „Krieg ist überall in der Welt“, so Dagmar Pruin.

Genauso gehe es darum, Sicherheit nicht nur militärisch zu sehen. „Menschen dürfen nicht nur vor militärischer Bedrohung geschützt werden, auch das Wohlergehen und die Würde des Menschen sind wichtig. Sicherheit muss daher in einem umfassenden Sinn definiert werden“, verdeutlichte Dagmar Pruin. Und hier komme der Zivilgesellschaft eine große Bedeutung zu, auch wenn der Handlungsspielraum kleiner werde. „85 Prozent der Weltbevölkerung leben in Staaten, in denen die Zivilbevölkerung bedrückt wird und wo kritische Stimmen verfolgt werden“, gab sie zu bedenken.

Gerade in diesen Zeiten sei die Arbeit der AGDF und ihrer Mitgliedsorganisationen wichtig. Und dafür stehe Jan Gildemeister, fügte Dagmar Pruin hinzu. Ihm gelinge es, die Ebenen von Politik und Religion zu verbinden, geprägt von Leidenschaft für Frieden und Gerechtigkeit und doch mit der nötigen Nüchternheit. Nur so lasse sich die Zukunft der Friedensarbeit gestalten. Die Hoffnung auf den Frieden zu schüren, zu erzählen und dafür einzustehen, dass ist die wichtige Aufgabe der AGDF. „Räume eröffnen für ernsthafte Diskussionen, Begegnungen und Gespräche, wo verschiedene Positionen zusammengebracht werden können“, so die Präsidentin von Brot für die Welt.

„Es ist eine Stärke von Jan Gildemeister, genau hinzuhören, Konflikte früh zu erkennen und die Menschen ins Gespräch zu bringen“, betonte Dr. Jochen Cornelius-Bundschuh, der AGDF-Vorsitzende, in Hamburg. Dabei behalte er als Geschäftsführer immer das Ganze im Blick und dabei auch seine Stärken einzubringen, unterstrich der frühere badische Landesbischof. Und Christof Starke, der stellvertretende AGDF-Vorsitzende, meinte: „Dass die AGDF in Politik, Kirche und Gesellschaft eine starke Stimme ist, das haben wir Jan Gildemeister zu verdanken.

„Eine Stärke der AGDF ist ihre Verknüpfung von vielen Arbeitsfeldern und Perspektiven. Dies geht über die Felder internationale Freiwilligendienste und Jugendbegegnungen, Zivile Konfliktbearbeitung und Friedenspolitik, Friedensbildungsarbeit und Qualifizierung in Ziviler Konfliktbearbeitung hinaus und betrifft die Arbeit in Deutschland ebenso wie - primär durch unsere Mitglieder - internationale Kooperationen“, machte Jan Gildemeister in Hamburg deutlich.

Die Arbeit sei kein Selbstzweck, sondern verfolge inhaltliche Ziele, die sich mit seinem persönlichen politischen Engagement decken und mit den Überschriften des sogenannten konziliaren Prozesses auf den Punkt gebracht würden, meinte der AGDF-Geschäftsführer: „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Dass ich diese Begriffe verwende, zeigt, dass mir die christliche Erdung der Arbeit wichtig ist.
Auch nach über 45 Jahren politischen Engagements, davon 25 Jahre hauptamtlich für die AGDF, ist es mir ein Herzensanliegen, weiter zusammen mit anderen für diese Ziele zu streiten. Trotz oder gerade wegen der immensen Herausforderungen, vor denen wir stehen.“

 

 

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Pressemitteilung der AGDF zur neuen Friedensdenkschrift der EKD

Bonn/Dresden, 10. November 2025/dj
Deutliche Kritik an der neuen EKD-Friedensdenkschrift hat die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) geäußert. Die neue Denkschrift setze eine neue Priorität beim Schutz vor Gewalt, betone dabei die Notwendigkeit militärischen Handels und unterschätze die Möglichkeiten ziviler Konfliktbearbeitung, heißt es in einer Stellungnahme des Friedensverbandes. Damit verändere die Friedensdenkschrift das Konzept des gerechten Friedens grundlegend, womit der Rat der EKD offenbar der Logik der Zeitenwende folge und dem Schutz vor Gewalt Vorrang einräume vor dem Primat der Gewaltfreifreiheit. „Damit tritt die Bestimmung des gerechten Friedens als Doppelbewegung der Abnahme von Gewalt und der Zunahme von Gerechtigkeit in den Hintergrund, die den Horizont der evangelischen Friedensethik in Richtung globaler Fragen und der Ökumene geweitet hatte“, kritisiert die AGDF.
Zwar hebe die neue Denkschrift hervor, dass militärisches und ziviles Handeln eng miteinander verbunden und aufeinander abgestimmt werden müssten, aktuell werde aber vor allem militärisches Handeln für einen wirksamen Schutz vor Gewalt als notwendig erachtet, so der Friedensverband. Dabei verkenne die Denkschrift aber, dass militärisches Handeln schnell an seine Grenzen stoße, wenn ein Krieg ausgebrochen sei, weswegen die Sustainable Development Goals (SDG) die Bedeutung von durchsetzbarem Recht und starken Institutionen, die solchen Rechtsbrüchen widerstehen könnten, betonen  würden, mahnt die AGDF. Doch die Denkschrift unterstreiche stattdessen eine deutlich veränderte Bewertung des internationalen Rechts mit der klaren Einschränkung, dass Sicherheit nicht allein und auch nicht vorrangig durch eine Stabilisierung der internationalen Rechtsordnung erreicht werden könne, sondern durch eine nationale Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit. „Diese Fokussierung auf die eigene nationale militärische Stärke schwächt das internationale Recht und die internationalen Institutionen, die einzig in der Lage wären, die Macht und Gewalt der Stärkeren mit dem Ziel einer globalen demokratischen Ordnung zu begrenzen. Schutz vor Gewalt wird zu einem Privileg derjenigen, die sich mit Macht rüsten können“, gibt der Friedensverband zu bedenken. 
Die neue Denkschrift zeichne sich zudem durch eine Überschätzung des Militärs im Blick auf den Schutz vor Gewalt aus und sei darauf fokussiert, militärisches Handeln friedensethisch zu rehabilitieren, heißt es in der Stellungnahme der AGDF. Die EKD fordere hier eine Politik, die auf militärische Stärke baut, obwohl alle Analysen zeigen würden, dass militärisches Handeln nur sehr eingeschränkt zu  generationengerechtigkeit, globaler sozialer Gerechtigkeit, Stärkung der Demokratie oder Sicherheit der Menschenrechte beitragen könne, die Probleme im Gegenteil oft verschärfe, so der Friedensverband. Zwar fordere die Denkschrift größtmögliche Zurückhaltung bei präemptiven Einsätzen militärischer Gewalt gegen Massenvernichtungswaffen des Feindes, hält am Ende aber einen solchen Angriff zur Verhinderung völkerrechtswidriger Bewaffnung für legitim. „Unter dieser Perspektive lässt sich in einem eskalierenden Konflikt kein Einhalt mehr gebieten, die ethische Argumentation wird bedeutungslos“, unterstreicht die AGDF. Werde auf der einen Seite das Militär überschätzt, so erfährt nach Ansicht der AGDF die zivile Konfliktbearbeitung dagegen eine Geringschätzung in der neuen Denkschrift. Hier werde die reale Praxis derzivilen und demokratischen Konfliktbearbeitung mit einer rhetorischen Wendung als unrealistisch und unwirksam für die wirklich großen Konflikte und Kriege qualifiziert, kritisiert der Friedensverband. Und die Erfahrungen von Fachorganisationen für Friedensforschung, zivile Konfliktbearbeitung und Friedensbildung seien in die neue Denkschrift nicht eingeflossen, obwohl diese hätten helfen können, Möglichkeiten und Grenzen ziviler Konfliktbearbeitung in Konflikt- und Kriegssituationen in den Blick zu nehmen, macht die AGDF deutlich.
„Die Denkschrift weiß, dass für eine Förderung von Wegen der zivilen Konfliktbearbeitung und der sozialen Verteidigung erhebliche Ressourcen nötig sind; sie verzichtet aber darauf, diese in Beziehung zu den
Ausgaben für die aktuelle Aufrüstungsdynamik zu setzen und mehr Gelder für den Ausbau der zivilen Konfliktbearbeitung zu fordern. Kirchen und andere Gruppen der Zivilgesellschaft sollten sich nicht nur
innerstaatlich für den Rechtsstaat mit seinem Gewaltmonopol einsetzen, der die Würde der Menschen der Willkür der Macht entzieht, sondern auch international Prozesse fordern und fördern, durch die die Macht der einzelnen Staaten so beschränkt wird, dass sie keine völkerrechtswidrigen Kriege mehr führen können. Ein solcher Blick nach vorne, Impulse für eine solche Zukunftsperspektive fehlen in der Denkschrift. Von einer Kirche, die aus der Hoffnung lebt und Mut machen will, werden dazu aber Aussagen erwartet“, gibt die AGDF in ihrer Stellungnahme zu bedenken.
Insgesamt dominiere in der Denkschrift das Interesse, sich auf sicherem und politisch realistischem Terrain zu bewegen und Gottes Friede als Ewigen Friede zu charakterisieren, der angesichts der Sünde auf Erden nie zu erreichen sei, urteilt die AGDF ernüchtert. Dass Gottes Frieden aber schon jetzt wirksam sei und in konkreten Schritten Gestalt gewinne, werde in den Hintergrund gedrängt, bedauert der Friedensverband. Dabei wäre es wichtig gewesen, dass die Denkschrift deutlicher das Vertrauen in die Friedenskraft Gottes stärke, die schon jetzt in der Welt wirksam sei, und Einzelne, Gemeinden, Diakonie und Gesellschaft zu konkretem Engagement für einen gerechten Frieden ermutige, macht der Friedensverband deutlich. Doch stattdessen beschränke sich die Denkschrift in ihren geistlichen Impulsen auf das Individuelle, wonach zwar einzelne Personen ihre Friedensverantwortung im Gebet, im alltäglichen Handeln und in politischer Verantwortung wahrnehmen würden. Doch dass auch Gemeinden und Kirchen, Diakonie und Ökumene Akteurinnen in der Öffentlichkeit seien und die Wirklichkeit mitgestalten könnten, unterlasse die Denkschrift, bedauert der Verband.

⇒ Zum Beitrag AGDF: Neue EKD-Friedensdenkschrift verändert Konzept des gerechten Friedens grundlegend

 

 

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EKD-Friedensbeauftragter: Das Gebet für den Frieden in der Ukraine verstärken

Angesichts möglicher Gespräche über eine Waffenruhe oder sogar einen Frieden in der Ukraine hat der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Friedrich Kramer, dazu aufgerufen, das Gebet für einen gerechten Frieden in der Ukraine zu verstärken.

„Es besteht ein Funke Hoffnung, dass es zu Gesprächen zwischen Russland und der Ukraine und auch zu einer Waffenruhe, ja vielleicht sogar zu ersten Schritten zu einem Frieden kommt“, so der EKD-Friedensbeauftragte. Und er fügt hinzu: „Rufen wir zu Gott, bitten wir ihn, dass er die Verantwortlichen in ihren Gesprächen und Verhandlungen leitet und ihre Füße auf den Weg des Friedens führt und ihre Bereitschaft zum Frieden stärkt.“

Landesbischof Friedrich Kramer: „Lasst uns darum nicht nachlassen an vielen Orten, in unserem Land, aber auch in Europa, sowie in der Ukraine und in Russland, für den Frieden zu beten und als Christinnen und Christen in weltweiter Verbundenheit unsere Bitten um Frieden und Gerechtigkeit intensiv vor Gott bringen“, so der EKD-Friedensbeauftragte.

„Für den Frieden beten, Gott unsere Klagen, Sorgen und Ängste sagen, ihm für seine Hoffnungszeichen danken und jeden Verhandlungsschritt im Gebet zu begleiten, das ist gerade jetzt wichtiger denn je“, so Landesbischof Friedrich Kramer, denn der Weg zum Ende des Krieges ist lang und kompliziert. Und er selbst bete inständig dafür, dass dieses Morden und das große Leid in der Ukraine, in Gaza und an den anderen Kriegsorten dieser Welt ein Ende finde und die Waffen endlich schweigen.

 

 

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Frieden lernen
und erleben

 

 Der Friedensort
Antikriegshaus Sievershausen 
ist ein anerkannter Friedensort
der 
Evangelisch-lutherischen
Landeskirche Hannovers

Combatants for Peace
Sievershäuser Ermutigung 2024